Slam01 – Mein erster Besuch auf einer Poetry Slam

 


geschrieben am 07.03.07, in einem Internet-Forum, als Replik auf die Frage, wie das denn funktioniere mit den Poetry Slams…

Also, dass der WDR Westdeutscher Rundfunk das aufgreift, ist generell mal löblich, um diese Kunstform und die Künstler einer breiteren Publikumsschicht zuzuführen. Auch der Unterhaltungswert dieser Halb-Profis kommt mir persönlich größer vor als vielem von dem, was so im TV geboten wird. Sie wirken auf mich authentischer.

Leider hat der WDR hier auch zur Kommerzspritze gegriffen, so dass für mich ein Beigeschmack bei der Sendung dabei ist.

Statt zu meckern, schreibe ich lieber, was ich weiß bzw. erlebt habe:

Ich bin im Januar zum ersten Mal auf einer Poetry Slam gewesen. Da Darmstadt bei mir in der Nähe liegt, also Darmstadt. Dass es sich um die – nach Darmstädter Einschätzung – größte deutsche Poetry Slam handelt, wusste ich vorher nicht. Hat mir trotzdem riesig gefallen.

Eintrittskarten sollte man vorher kaufen, die nächste Darmstädter Poetry Slam ist am 20.04.07, 21:00. Ich habe rechtzeitig gekauft 😉 Der Eintrittspreis von unter 10 Euro ist gemessen am Unterhaltungswert extrem niedrig für eine Veranstaltung, die um 21:00 Uhr beginnt und bis ca. 0:30 Uhr dauert.

Du solltest auch vorher klären, ob es für Dich okay ist, knapp vier Stunden auf dem Fußboden, auf Deiner Jacke oder einer mitgebrachten Decke zu sitzen. Seitlich gibt es auch Stehplätze. 600 Zuschauer. Sehr viele waren jünger als ich 😉 Ein rechteckiger Saal, am Ende eine Bühne, darauf ein Stuhl, ein „Notenständer“, ein Mikrofon im Stativ.

Wenn Du ca. 15 Minuten vorher kommst, ist das schon etwas spät, um für eine größere Gruppe noch zusammenhängenden Platz aufzutun. Für ein bis zwei Personen findet sich immer wieder noch ein Plätzchen.

Es treten insgesamt 10 Künstler an, die Geräusche aller Art und auch z.B. tanzende Bewegungen von sich geben dürfen, auswendig vortragend, ablesend, Lyrik, Prosa. Eine Bedingung: keine Requisiten und Kostüme.
Jeweils 5 Künstler treten nacheinander an, jede/r hat 7 Minuten Zeit. Nach Nennung des Namens und einem Kurzhinweis, woher die Person kommt, geht es schon los. Nicht so anmoderierendes Gequake wie beim WDR…

Nachdem die fünf durch sind, hat jede Person im Publikum einen für diese fünf Künstler gedachten Zettel, der durch Abreißen an der richtigen Stelle eine Aussage über das Voting macht. Dann kurze Pause. Seitlich gibt es Getränkestände. Bekanntgabe der Gewinner aus Runde 1. Die ersten beiden kommen ins Finale.

Runde 2. Wie Runde 1. Pause. Voting mit zweitem Zettel. Bekanntgabe der Gewinner aus Runde 2. Pause.

Finale: 4 Sieger, jeweils 7 Minuten Zeit. Vom Ablauf her das gleiche, wobei natürlich alle etwas anderes vortragen als beim ersten Durchlauf. Das Finale-Voting geht dann so ab. Beim Betreten des Saales hat man nicht nur die Zettel für Runde 1 und 2 bekommen, sondern auch einen Dichtungsring aus Gummi. Der kommt jetzt ins Spiel. Die Finalisten sitzen vor der Bühne, jede/r hält senkrecht eine Holzstab mit Fuss. Und auf den Holzstab des Finalisten seiner Wahl rollt man den Gummiring auf. Da sieht man in sehr kurzer Zeit ohne Auszählung, wer gewonnen hat.

In den Pausen gibt es auch noch gute Unterhaltung. Im Januar trat Nils Heinrich aus Berlin auf. Tierisch gut. Witzig. Und schräg. Kommt am 17.03.07 nach Darmstadt. Und dann darf man auch noch Texte und CDs der Künstler erwerben, sofern sie denn schon mit so was aufwarten können. Ich habe die ersten drei CDs der Darmstädter Poetry Slams für insgesamt 14 Euro erhandelt, und bin sehr froh, dass ich auf den Hinweis des Verkäufers, ich solle auf jeden Fall die erste CD nehmen, die sei bald ausverkauft, und da sei „ALDI Süd“ drauf, reagiert habe. „ALDI Süd“ ist zum Umfallen gut.

Die Künstler? Sind schon in der Regel geladen. Wenn ich das richtig verstanden habe, kommen nicht immer alle Eingeladenen (Glatteis, Schneeverwehungen und so…) Und ein paar Plätze werden auch für echte Spontan-Amateure frei gehalten. Geht so: Kommst etwas früher (am besten Kontakt mit den Veranstaltern aufnehmen), gibst Deine Meldung ab (formlos nehme ich an), kommst in die Lostrommel, und wenn Du Glück hast, darfst Du am gleichen Abend auch noch auftreten.

Ich fand die Stimmung riesig und die vorgetragenen Kunstwerke beeindruckend.

Soweit mein ganz persönlicher Eindruck von einer Veranstaltung. Ich hoffe, dass die nächste genauso gut wird.

VG, Ulf

© Ulf Runge, 2007

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9 Kommentare Gib deinen ab

  1. Ralph sagt:

    Lieber Ulf,

    vielen Dank für die informative Darstellung eines Poetry-Slams.
    Hmm, vielleicht werde ich in Bälde einen Link auf diesen Beitrag setzen, wenn es dir genehm ist?

    Liebe Grüße,
    Ralph

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  2. Ulf Runge sagt:

    Lieber Ralph,

    da freu ich mich aber! Nur zu!

    Liebe Grüße,
    Ulf

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  3. Stefan sagt:

    Hallo Ulf,
    das ist ein Zufall. Ich suche im Netz eine Lesebühne in Darmstadt, stosse auf Deinen Artikel hier und lese, dass Dir „Aldi-Süd“ besonders gut gefallen hat. Freut mich!
    Schönen Gruß,
    Stefan Schrahe

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  4. Ulf Runge sagt:

    Lieber Stefan,

    danke für Deinen freundlichen Kommentar. Ich empfehle allen sehr, sehr gerne, auf Deiner Homepage „Aldi Süd“ anzuclicken, die Augen zu schließen und sich kaputt zu lachen. (Einfach auf Stefan clicken, dann seid Ihr schon bei seinen Audios.)

    Du hast eine erstklassige Art, Deinen Text zu intonieren!

    Lesebühne? Oh, das wär auch mein Ding. Da nehme ich separat mit Dir Kontakt auf…

    Liebe Grüße,
    Ulf

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  5. Roland Sturm sagt:

    wir wünschen uns eine dichterschlacht im kulturcafe groß-gerau und suchen noch die kontakte du den dichtern..

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  6. Ulf Runge sagt:

    Lieber Roland,
    das ist ja schon ein Wink mit dem Zaunpfahl.
    Ich melde mich per bei Dir.
    Herzliche Grüße,
    Ulf

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