Minuteneinkauf
Leben 702 – Dienstag, 12.04.11
gewidmet allen, die am 12. April Geburtstag haben
gewidmet allen, die täglich ihren Geburtstag feiern
Niedergeschlagen lief Miriam durch die Innenstadt. Wie gerne hätte sie mal einen Einkaufsbummel mit ihren Eltern gemacht. Papa murmelte jeden Abend etwas von „hoch wichtiges Projekt, da kann ich mich nicht entziehen.“ Und Mama? Die wusste nur zu berichten, dass „wir uns doch was leisten wollen, Du willst doch schöne Klamotten haben, oder?“
Und noch einen Grund hatte Miriam, niedergeschlagen zu sein. Morgen würden ihre Eltern Hochzeitstag feiern, wenn sie denn Zeit dafür haben würden, dachte sich die traurige Seele in der Fußgängerzone. Und sie würde so gerne etwas Liebes schenken. Nicht schon wieder Parfüm für Mama und After Shave für Papa. Und noch ein Bild wollte Miriam nicht malen, auch wenn alle ihre Werke von den Eltern hochgelobt und in der Wohnung aufgehängt worden waren.
Und so schlich sich das traurige Mädchen von der Bäckerei zum Schuhgeschäft, an der Bankfiliale vorbei zum Drogeriemarkt, als sie auf einmal ihren Augen nicht traute, als sie auf einmal auf der Schaufensterscheibe las: „MINUTENEINKAUF“.
Hier kann man Zeit kaufen? Oh, das wäre wunderbar. Etwas mehr Zeit für Mama und Papa. Die sie dann gemeinsam miteinander verbringen würden.
Miriam wartete geduldig, bis die Menschen in der Schlange vor ihr bedient worden waren, als der Verkäufer sie endlich anspricht: „Und Du, junge Dame, was kann ich für Dich tun?“
Miriam berichtet, dass sie im Schaufenster „MINUTENKAUF“ gelesen habe und dass sie ihren Eltern Minuten schenken möchte. „Das ist eine gute Idee, da werden sich Deine Eltern bestimmt freuen.“
„Was kostet denn eine Minute?“
„Das hängt vom Anbieter ab. Und vom Tarif.“
Schweigen. Dann kramt sie in ihrer Handtasche, um schließlich 12 Euro auf die Theke zu kippen.
„Bei einem 10-Cent-Tarif bekommst Du hierfür 2 Stunden. 1 Stunde für Deine Mama und 1 Stunde für Deinen Papa.“ Miriams Augen leuchten.
„Bei welchem Anbieter sind denn Deine Eltern? De-Eins, Oh-Tu, Wodafohn oder Eh-Plus?“ Wenn ich das jetzt nur wüsste, dachte sich Miriam. „Ist das nicht egal? Ich will doch nur, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen.“
Der Verkäufer zog die Augenbrauen hoch und bat Miriam, doch erst ihre anderen Erledigungen zu machen und in einer halben Stunde wiederzukommen. Mit fragendem Blick verließ Miriam das Geschäft, in dem man Minuten kaufen kann, und ging erst noch ein paar Schulhefte und Stifte kaufen.
Die halbe Stunde war noch nicht ganz rum, als Miriam voller Ungeduld in den Laden zurückkam und mit einem „Und-nun?“-Blick um Aufklärung bat.
Ohne eine Miene zu verziehen, überreichte der Verkäufer Miriam eine Urkunde mit den Worten: „Das sind besten Minuten aus meinem Angebot. Ich habe noch tief nachgedacht und entdeckt, dass es ja noch einen weiteren Anbieter gibt.“
Mit staunenden Augen las das überraschte Mädchen, was der Verkäufer extra für sie zusammengestellt hatte:
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Lass uns Zeit einander schenken, lass uns unser Glück bedenken, nimm mein Herz, und ich nehm D-Eins. Lass uns Zeit einander schenken, lass uns unser Glück bedenken, schau nicht zurück, denn das Glück ist – Wo? – davo(r)n. Lass uns Zeit einander schenken, lass uns unser Glück bedenken, Schluss ist’s mit dem ewig Sputen, wir schenken uns O-Du-Minuten. Lass uns Zeit einander schenken, lass uns unser Glück bedenken, so komm’n wir dann zum Schluss, ins Supergut-Gefühl-E-Plus. ********************************************************************************* |
„Oh danke, das ist wunderschön. Ich glaube, ich ahne, was Du mir damit sagen möchtest. Das ist wahrlich ein besonderes Geschenk für meine Eltern. Was darf ich Dir dafür geben?“
„Du hast mir bereits etwas gegeben. Nämlich eine nachdenkliche halbe Stunde. Dafür danke ich Dir. Wir sind quitt.“
„Oh danke. Ich habe noch eine letzte Frage: Wie heißt denn der fünfte Anbieter, den Du hier nicht erwähnst?“
„Ich glaube, mein bezauberndes Mädchen, Du weißt die Antwort, oder?“
Miriam nickte. Und mit einem breiten Lächeln und klopfendem Herzen verließ sie den Minutenladen, eine ganz besondere Urkunde für Ihre Eltern in der Hand haltend.
© Ulf Runge, 2011
Lieber Ulf,
ich finde, das ist eine wunderschöne Geschichte. Vielen Dank dafür!
Ich freue mich schon auf weitere …und sende Dir viele liebe Grüße durch die Nacht.
Besser und besser, Gaba
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Liebe Gaba,
danke schön für Deinen Kommentar, der mir Ansporn ist. 🙂
Dir ebenfalls eine sternenleuchtende Nacht und eine sonnigen Tag,
auch wenn das Wetter vielleicht anders wird.
Liebe Grüße,
Ulf
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Lieber Ulf ,
ganz herzlichen Dank für die außergewöhnlichen Geburtstagsgrüße .
Du bist halt immer für das außergewöhnliche , das Besondere gut . Dafür danke ich Dir noch einmal .
Ich freue mich jetzt schon auf den Herbst in Alsfeld , mit Frau Bulldog und alle anderen , die uns den Samstag verschönt haben .
Liebe Grüße Dein Liebslingsbruder Uwe
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Lieber Uwe,
das freut, dass Du Gefallen gefunden hast an diesem „anderen“ Geburtstagsgruß.
Frau Bulldog? Die wollen doch lieber vergessen oder? Gehen lieber gleich dorthin, wo es den leckersten Apfelstrudel und eine zuvorkommende Bedienung gibt.
Lieblingsbruder? Das gebe ich gerne zurück.
Liebe Grüße,
Ulf
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Lieber Ulf, eine wunderschöne Geschichte und ein herrliches Gedicht mit einigen Prachtexemplaren Deiner tollen Wortspiele… Liebe Grüsse Andrea
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Liebe Andrea,
danke für die Blumen! 🙂
Ich stelle sie gleich ins Wasser…
… zu den Kühen. Du weißt schon…
Liebe Grüße,
Ulf
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Das hast du echt schön geschrieben. In der heutigen Zeit würden sich ziemlich viele Kinder und Jugendliche in einem solchen Laden Minuten für ihre Eltern kaufen wollen.
Die Geschichte wiederspiegelt voll die Gegenwart. Traurig…..
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Liebe Miss Sweet,
ich schöpfe aber auch Positives aus dieser Geschichte.
Wenn sich ein Minutenhändler mehr als eine halbe Stunde Zeit nimmt
für eine Kundin, die „im falschen Geschäft“ ist, dann sollte das uns auch ermutigen.
Liebe Grüße,
Ulf
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Hallo Ulf, ich würde, wenn ich könnte, mir auch gern Minuten kaufen? Zumindest werde ich mir ab jetzt jedesmal Minuten wünschen, wenn mich jemand fragt, was ich zum Geburtstag oder zu Weihnachten haben möchte. Wo hast Du nur gelernt, so schöne Geschichten zu schreiben? Gruß aus Hamburg, Ingo
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Lieber Ingo,
danke, für Dein Hummel Hummel aus dem Norden!
Mal ehrlich, stell Dir mal vor, „unsere Zeit“ wäre abgelaufen,
und dann käme noch jemand von der „Zeit-Bank“,
und würde uns sagen, wir hätten noch Zeit auf dem Konto.
Und wir müssten diese Zeit noch „verbringen“ müssten…
Die Kunst ist, glaube ich, die Zeit „nur noch“ als ein einziges Jetzt zu verstehen…
Danke für Dein Kompliment. 🙂
Liebe Grüße,
Ulf
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Ich kann mich nur anschliessen:
Ich bin begeistert und gerührt <3.
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Liebe ladidaladida,
dankeschön!
Liebe Grüße,
Ulf
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