Frankie goes to Ruhestand

Leben 514 – Sonntag, 08.11.09

Wahrscheinlich wiederhole ich mich, wenn ich hier erwähne, dass ich als Teenager im schönen Köln am Rhein ganz stolz war, mit meiner Philetta, einem ganz einfachen Nachkriegsröhrenradio, nur mit einer UKW-Wurfantenne bestückt und somit eigentlich nur für WDR-Empfang geeignet, dass ich also wahnsinnig stolz war, in meinem Jugendzimmer in Köln-Nippes den SWF3 aus Baden-Baden zu empfangen.

Ein Sender, bei dem ein gewisser Frank Laufenberg einen Sendeplatz zur besten Hausaufgabenmachzeit mit all dem belegen durfte, worauf wir so sehnsüchtig gewartet hatten: frische Musik aus England und Amerika, Songs, die man sonst nur auf den Soldatensendern AFN (in Köln sowieso nicht auf UKW) und BFBS zu hören bekam, oder mit viel Mittelwellenhintergrundrauschen über den im Ärmelkanal geankerten „Piratensender“ Radio Caroline.

Pop-Shop, das war die Sendung, für die man alles tat, um sie hören. SWF3 Pop-Shop. Mit Frank Laufenberg. Eine sympathische Stimme, ich glaube, ich habe keinen Moderator jemals in meinem Hörerleben mehr „geliebt“ als ebendiesen Frank Laufenberg.

In der Folge habe ich nicht immer in SWF-Land gelebt. In der Folge wurde aus SWF (und dem SDR) der SWR. In der Folge war auch Frank Laufenberg nicht immer bei diesem Sender.

Aus SWF3 wurde „altersbedingt“ SWR1 und so habe ich es die vergangenen Jahre genossen, am Samstag Abend auf SWR1 von 10 bis 12 Frank Laufenberg ganz besonders ausgesuchte Musiktitel von „damals“ spielen zu hören.

Kannst Du Dir vorstellen, dass Du nicht um Jahre alterst, sondern im Gegenteil von einer Minute auf die andere um Jahrzehnte zurückversetzt wirst, wenn Du diese sympatische Stimme hörst, die sich für Dich überhaupt nicht verändert haben will. Wenn Du Lieder hörst, zu denen Du als Pubertierender geträumt hast, bei denen Du einem Mädchen den ersten Kuss gegeben hast, zu denen Du in der Tanzschule mit Deiner Partnerin eng umschlungen den Stehblues getanzt hast.

Ja, und jetzt muss ich mir eingestehen, dass das alles nichts hilft. Weil, der Jungbrunnen Frank Laufenberg, der wird zum Jahresende sein Engagement beim Sender beenden, ob er will, ob er muss, ich weiß es nicht. Ob ich irgendjemandem einen Gefallen tue, wenn ich da nachhake, nachfrage, wenn ich dafür kämpe, dass „das alles“ nicht vorbei sein kann.

Ja, jetzt muss ich mir eingestehen, dass die Zeit nicht stehen bleibt. Zukünftig auch nicht für zwei samstägliche Stunden zurücklaufen wird.

Der SWR1-RP spielt viel zu gute Musik, als dass es am späten Samstagabend bei mir Totenstille geben würde. Aber eine Träne vergieße ich heute schon. Und wenn er dann zum letzten Mal „Tschüss“ sagen wird, ich glaube, dann werde ich heulen.

Lieber Frank Laufenberg, ich sage „Danke!“ für die schönen Stunden, in denen meine Hausaufgaben schneller fertig wurden, weil Du so gute Musik aufgelegt hast. Ich sage „Danke!“ für die schönen Stunden, in denen ich blogschreibenderweise Deiner Stimme und den von Dir ausgesuchten, ganz besonders ausgesuchten Musiktiteln lauschen durfte!

© Ulf Runge, 2009

11 Kommentare Gib deinen ab

  1. Mo sagt:

    Lieber Ulf,
    ich gebe zu, ich kann das nicht nachvollziehen.
    Das ist eine geistige Ebene, die ich nicht erfassen kann.

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  2. Mo sagt:

    Nachtrag:
    Wenn Du jetzt mein Mann wärst, oder Partner, oder einfach nur guter Freund und Du würdest mir diese Story erzählen, würde ich einen Themenwechsel vorschlagen, weil ich mit diesem nostalgischen Gerede nichts anfangen könnte.

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  3. andrea2007 sagt:

    Lieber Ulf, ich finde Deine Gedanken ganz wunderbar. Hat Dich dieser Mensch doch irgendwie Dein Leben lang begleitet. Du bist wirklich ein ganz treuer Leser… Da er ja „nur“ ein Radiomann ist, gibts leider nix bei youtube, aber hier hab ich seine homepage gefunden, da kannst Du ihn noch ein Stück begleiten,wenn Du magst: http://www.franklaufenberg.de/. Liebe Grüsse Andrea

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  4. Ulf Runge sagt:

    Liebe Mo,

    ich habe volles Verständnis, wenn Du mit diesem Beitrag nichts anfangen kannst.
    Vielleicht gibt es eine liebe Person, oder eine Melodie, oder ein Gedicht, die Dich Dein Leben lang begleitet haben. In Wirklichkeit, in Gedanken, oder nur immer wieder einmal.

    Und diese liebe Person, diese Melodie, dieses Gedicht, machen Dir auf einmal klar, dass Du – jung in Gedanken – mit dieser Begleitung älter geworden bist.

    Das ist das, was ich gemeint haben könnte.

    Liebe Grüße,
    Ulf

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  5. Ulf Runge sagt:

    Liebe Andrea,

    ich meine, „Frankie“ hat auch mal TV gemacht. Da habe ich fast keine Erinnerung dran. Aber seine Spreche, seine Stimme, die sind für mich präsent. Danke für den Link auf „Frankie“s Homepage.

    Liebe Grüße,
    Ulf

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  6. Mo sagt:

    Lieber Ulf,
    hab‘ Dank, dass Du mir so freundlich erklärt hast, was Du gemeint haben könntest.
    Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich sehr unromantisch bin und nur ganz selten einen Hang zur Wehmut habe.
    Bitte drücke ein Auge zu – besser beide. 😉

    Gruß – Mo

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  7. Ulf Runge sagt:

    Liebe Mo,

    und jetzt hoffe ich mal, dass Du mit meiner 09.11.-Sentimalität was anfangen kannst…
    *lach*

    Liebe Grüße,
    Ulf

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  8. Werner sagt:

    Hallo Ulf,

    ja, ich kann jedes Wort nachfühlen, man fühlt sich in die alten Zeiten rückversetzt. Mit allen Stimmungen, Hoffnungen, Ängsten…die Musik half oft, Enttäuschungen, die ein Leben begleiten, ein wenig zu verdauen. Aber sie half auch, Lebensfreude zu verstärken.
    Musik ist eines der schönsten Fühlbegleiter hier auf der Welt.
    Und ich freue mich auf Laufenbergs Webradio, wo er hoffentlich wieder ALLE Freiheiten hat zu spielen, was er will!

    Gruß,
    W

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    1. Ulf Runge sagt:

      Lieber Werner,

      lass mich raten, sind wir uns schon begegnet, etwa am Oberdeck eines KD-Schiffes?
      Wenn nicht, auch egal…

      Du hast das wunderschön ausgedrückt. Musik ist einer der schönsten Fühlbegleiter auf der Welt. Klasse!

      Franks Webradio: Wahrscheinlich wird es die beste Musikauswahl aller Zeiten sein.
      Aber wo die Öffentlichen unschlagbar sind: In der Aktualität und Neutralität der Nachrichten.
      Und der Vielfalt der Meinungen…

      Liebe Grüße,
      Ulf

      Musik, ja, die hilft!

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  9. Fritz sagt:

    Hallo Ulf,
    genau so wie Du es schreibst ist es. Der Samstag Abend zwischen 22:00 Uhr
    und 24:00 Uhr ist eine besondere Zeit, eine Zeit in der wir wieder in unsere
    Jugendzeit zurück versetzt werden und das noch mit der Stimme von damals, von
    Frank Laufenberg. Da nun diese Sendung anbesetzt wird muss nun etwas neues mit
    Frank her denn seine „Fan-Gemeinde“ wartet schon was er nun macht. Wieder sieht
    man, dass der Hörer zu hören hat was die Intendanten wollen und nicht was die
    Hörer wollen. Es ist eine Frechheit Frank seine Sendung zu streichen und ihn
    nicht weiter zu beschäftigen.

    der Fritz

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    1. Ulf Runge sagt:

      Lieber Fritz,

      wir kennen die Hintergründe vermutlich nicht wirklich.

      Ich weiß nur das eine: Wenn Frank Laufenberg weitermacht, egal wo und wie, dann werden wir Wege finden, ihn zu hören?
      Oder?

      Veränderung gehört zum Leben, sie ist das Salz in der Suppe.
      Ohne neue Titel hätte Frank immer das Gleiche gespielt.
      Ohne neue Ideen würden wir immer noch nur die beschränkte Sendezeit des SWF3-PopShop haben.
      Ohne neue Ideen gäbe es kein Songbook und auch nicht das Hitlexikon auf SWR1.

      Und für uns bedeutet es, statt immer den gleichen Sender zu hören, mal zu überprüfen, ob unserer Radio
      mehr als die eine Frequenz empfangen kann, die wir Tag und Nacht eingestellt haben.
      *den swr1 verantwortlichen mächtig angst mach*

      Danke für Deine Kommentar. Wir haben ja noch 25 Minuten heute.

      Liebe Grüße,
      Ulf

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